Geschichte der SPD Neuhausen auf den Fildern
Vorbemerkung
Auf dieser Seite geben wir Ihnen einen kurzen Einblick in die Geschichte de Sozialdemokratie in Neuhausen. Eine ausführliche Beschreibung der ersten 100 Jahre SPD in Neuhausen finden Sie in unserer Festschrift. Wenn Sie ein gedrucktes Exemplar möchten, wenden Sie sich bitte an unseren Pressereferenten.
Weitere Informationen zur Geschichte der SPD finden Sie auf der entsprechende Seite der Bundes-SPD und der Landespartei.
Ãœberblick
Die Anfänge der Arbeiterbewegung in Neuhausen
Handwerkliche Kleinbetriebe, Baugewerbe und Handel beherrschten bis weit nach 1900 die Struktur unserer Gemeinde. Die Bürger Neuhausens konnten es sich lange nicht vorstellen, in einer Fabrik zu arbeiten. Im Jahr 1905 waren von 2479 Einwohnern nur 30 als Fabrikarbeiter beschäftigt. Versuche, in Neuhausen Industriebetriebe anzusiedeln, scheiterten kläglich, woran nicht nur die relativ schlechten Verkehrsbedingungen schuld waren.
Im Jahr 1838 versuchte der Fabrikant Hausmann eine Tapetenfabrik im unteren Schloss einzurichten. Allerdings fand er keine Arbeitskräfte in Neuhausen. Zur gleichen Zeit versuchte Melchior Balluff sein Glück mit einer Dosenfabrik. Zehn Jahre später musste er sein Unternehmen wieder schließen, da er auch in den Nachbargemeinden nicht genügend Arbeitskräfte fand. An diesem Bild änderte sich nichts bis in die 1920er Jahre. Nun hatten auch Industriebetriebsgründungen in Neuhausen Erfolg. Ingenieur Johann Eisele aus Esslingen erwarb nach dem 1. Weltkrieg die ehemalige Krautfabrik des Georg Sommer in der Filderstraße und richtete dort eine feinmechanische Werkstatt ein, die er in den folgenden Jahren zu einem leistungsfähigen Betrieb ausbaute.
Feinmechanische Werkzeugteile waren in dieser Zeit sehr gefragt, und so wagte auch Gebhard Balluff im Jahre 1921 eine entsprechende Werkstatt selbständig zu betreiben. Aufträge und Nachfragen ermutigten ihn, diese Werkstatt zu einem stattlichen Betrieb auszubauen. (Diese Firma hat auch heute noch Bestand.)
Die Württembergische Baumwollspinner- und Weberei Esslingen errichteten im Jahre 1925 in der Bernhäuser Straße ein neues Werk. Es wurde im Laufe der Zeit wesentlich vergrößert. Theodor Gugel baute das von seiner Mutter übernommene Ziegelwerk 1927/28 zu einer modernen, leistungsfähigen Dampfziegelei aus.
Die Gründung des Sozialdemokratischen Vereins Neuhausen
Ausgerechnet der Reichstagsabgeordnete der Zentrumspartei und Mitbegründer des Volksvereins für das katholische Deutschlands, Pfarrer Leser aus Neuhausen, gab den Ausschlag zur Gründung der organisierten Sozialdemokratie in Neuhausen.
Die Steuererhöhung für Genussmittel im Jahr 1909 machte Bier, Tabak und Tee für Arbeiter bei den damaligen Hungerlöhnen immer unerschwinglicher.
Auf einer politischen Versammlung der Zentrumspartei am 11. September 1909 im Gasthaus „Ochsen“ verteidigte der Reichstagsabgeordnete Pfarrer Leser diese Steuererhöhung. Er empfahl den Arbeitern, in Zukunft auf solche Genussmittel zu verzichten, dann bräuchten sie diese Steuern auch nicht zu bezahlen. Auf Grund dieser zynischen Aussage meldete sich der sozialdemokratische Abgeordnete Gottlieb Kenngott aus Esslingen, worauf ihm von Pfarrer Leser das Wort entzogen wurde.
Die Empörung über diese undemokratische Haltung veranlasste einen großen Teil der Anwesenden zu einem spontanen Auszug aus Lesers Versammlung. Sie begaben sich in den benachbarten „Saalbau“, wo Gottlieb Kenngott den Standpunkt der SPD zu der Steuererhöhung darlegte. Bei dieser spontanen Veranstaltung wurde der „Sozialdemokratische Verein Neuhausen a.F.“ aus der Taufe gehoben, dem sofort 32 Mitglieder beitraten.
Die ersten Jahre der Sozialdemokraten in Neuhausen
Die neue sozialdemokratische Bewegung sorgte in den Anfangsjahren für eine politische Umstrukturierung in dem sonst eher zentrumsorientierten Neuhausen. Sowohl die ständig steigende Mitgliederzahl in Neuhausen, als auch die Wahlerfolge zeigten, dass die junge Sozialdemokratie durch ihre politische Arbeit überzeugen konnte.
Sozialdemokraten unterstützen Haas
Die nächste Bewährungsprobe kam für die Neuhausener Sozialdemokraten im Jahre 1913. Fünf Bewerber hatten sich um die Ortsvorsteherstelle in Neuhausen beworben. Der Schultheißen Amtsaktuar Haas wurde von den Sozialdemokraten unterstützt. Zusätzlich zur offiziellen Kandidatenvorstellung am 30. März 1913 im „Saalbau“ veranstaltete der Sozialdemokratische Verein am 5. April im Gasthaus „Zum Adler“ eine Wählerversammlung, die nach Zeitungsberichten von 200 Personen besucht wurde.
Am 7. April 1913 entschieden sich die Wähler mit 347 von 470 Stimmen für Aktuar Haas als Ortsvorsteher.
Gründung politisch gleichgesinnter Vereine
Im Umfeld der jungen Sozialdemokratie in Neuhausen entstanden eine Reihe gleichgesinnter Vereine zum Wohle der Arbeiterschaft. So wurde zum Beispiel 1911 der Neuhausener Spar- und Konsumverein gegründet. Dieser Verein wurde in den Anfangsjahren von dem Genossen Kail geleitet, während Genosse Oettinger das Amt des Kassiers inne hatte. 1913 wurde die Neuhausener Sektion des Arbeiterradfahrervereins Solidarität gegründet. Diese Vereinigung war nicht nur in Deutschland verbreitet, sondern hatte damals weltweit ca. 150.000 Mitglieder.
Der Erste Weltkrieg
Ursachen für den Krieg gab es viele und es fehlte nur noch der berühmte Funken, um das Pulverfass zur Explosion zu bringen.
„Gefahr ist in Verzug. Der Weltkrieg droht!“, warnte die SPD noch am 25. Juli 1914. Recht hatte sie, denn eine Woche später marschierten die Armeen in Europa. Eine geradezu hysterische Kriegsbegeisterung erfasste die Bevölkerung. Kaiser Wilhelm II., der bis zu diesem Zeitpunkt die Sozialdemokraten - im Reichstag immerhin die stärkste Fraktion - mit Beschimpfungen wie „Vaterlandsverräter“ belegt hatte, entdeckte plötzlich: „ich kenne keine Parteien, ich kenne nur Deutsche!“
Am 14. August 1914 wurde im deutschen Reichstag über die Kredite zur Finanzierung des Krieges abgestimmt. Die Reichstagsfraktion der SPD diskutierte heftig über diese Kredite. Die Mehrheit ließ sich schließlich von der allgemeinen Stimmung mitreißen, in der Annahme das Deutsche Reich müsse einen Verteidigungskrieg führen. Schließlich stimmten die Sozialdemokraten wie alle anderen Parteien für die Bewilligung der Kriegskredite.
Der Glaube an ein schnelles, siegreiches Kriegsende begann zu schwinden, als nach anfänglichen Erfolgen bereits 1915 der Stellungskrieg mit verlustreichen Materialschlachten im Westen begann und auch im Osten nur begrenzte Erfolge erzielt wurden. Angesichts der täglichen Verlustmeldungen schwand die Kriegseuphorie. Die Friedensbestrebungen scheiterten immer wieder an der Unnachgiebigkeit der Militärs. In der Bevölkerung wuchs zunehmend die Unzufriedenheit. Trotzdem musste sie bis zum Waffenstillstand am 11. November 1918 miterleben, wie Tausende junger Menschen diesem Krieg zum Opfer fielen.
Auch in Neuhausen herrschte Trauer: 93 Neuhausener Bürger fielen auf den Kriegsschauplätzen. Als mahnende Erinnerung an diese schreckliche Zeit errichtete die Gemeinde auf dem Schlossplatz ein Ehrenmal für die Toten, das seit 2004 auf dem Friedhof steht.
Novemberrevolution im Großraum Stuttgart
In der ersten Novemberwoche 1918 bereitete die württembergische Regierung ihren Rücktritt vor. Gleichzeitig streikten die Daimlerarbeiter und zogen durch Stuttgart. Die Regierung glaubte, durch Verhaftung der „gefährlichen Elemente“ die Lage beruhigen zu können. Das Gegenteil trat ein.
Eine Arbeiterkommission setzte beim Minister des Innern die Entlassung der Verhafteten durch. Die Lawine war jedoch schon im Rollen. Die Vorstände aus Partei und Gewerkschaft beschlossen gemeinsam, die Arbeit ruhen zu lassen und die Massen am Stuttgarter Schlossplatz zu sammeln, um die Regierung zu stürzen.
Neuhausen zwischen den Weltkriegen
Auch hier in Neuhausen wurde ein Arbeiterrat gegründet. Wie schon bei der Taufe des sozialdemokratischen Vereins, referierte Gottlob Kenngott über die Einrichtung und die Aufgaben eines solchen Rates. In der Versammlung am 15. Dezember 1918 im „Ochsen“ wurde dann der zehnköpfige Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat Neuhausens gewählt. Erster Vorsitzender wurde Stuckateur Karl Richard Mayer-Rosa und Stellvertreter wurde Schreiner Otto Oettinger. An dieser Versammlung sollen über 500 Personen teilgenommen haben!
Lebensmittelknappheit und Arbeitslosigkeit beherrschten den Alltag der Bürger. Da Neuhausen keine nennenswerten Großbetriebe hatte, die der Gemeinde Steuern zahlten, waren auch die Möglichkeiten der Kommunalpolitik eingeschränkt. In dieser Zeit, in der die Bevölkerung zu hungern hatte, die Gemeinde so gut wie bankrott war, und die Lebensmittel rationiert waren, wurde Neuhausen als der Ort bestimmt, in dem ein „Kinderasyl“ errichtet werden sollte. Natürlich erzürnten sich die Gemüter, da andere Orte, die wegen höherer Steuereinnahmen aus Großbetrieben weitaus besser in der Lage gewesen wären, für die Kinder ausreichend Nahrungsmittel zu beschaffen, dieses Kinderasyl ablehnten und Neuhausen als arme Gemeinde mit dieser zusätzlichen Belastung fertig werden musste.
Katastrophal wurde die Lage während des Höhepunkts der Inflationszeit 1923, die auch in Neuhausen zu noch größerem Elend in der Bevölkerung führte. Dies führte unter anderem zur Erstarkung extremer politischer Gruppierungen.
Mut in einer Zeit der Angst
„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht!“ Diese mutigen Worte sprach Otto Wels in seiner Rede am 23. März 1933 vor dem Reichstag zur Ablehnung des „Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich“. Obwohl einige SPD Abgeordnete bereits verhaftet und ermordet worden waren, sagte er im Namen der SPD-Fraktion:
„Wir stehen zu den Grundsätzen des Rechtsstaates, der Gleichberechtigung, des sozialen Rechtes [...]. Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten. [...] Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft.“
Dies war nicht nur die letzte Rede von Otto Wels vor dem Reichstag, sondern für die kommenden zwölf Jahre die letzte freie Rede überhaupt vor einem deutschen Parlament. Allein die SPD stimmte geschlossen gegen die Ermächtigungsgesetze. Die NSDAP, die Zentrumspartei und die anderen bürgerlichen Parteien stimmten für die Gesetze, die die Macht der Nationalsozialisten verfestigte. Den 120 Abgeordneten der SPD wurden anschließend die Mandate und teilweise auch die deutsche Staatbürgerschaft aberkannt.
Liquidation der Sozialdemokratie und gleichgesinnter Vereine im Dritten Reich
Andersdenkende wurden in Sicherheitsverwahrung genommen oder kurzerhand in die Konzentrationslager deportiert. Auch acht Neuhausener Bürger durchlitten das Martyrium der Konzentrationslager. Viele Genossen hatten es dem neuen Ortsvorsteher Rothenbacher zu verdanken, dass in Neuhausen keine verstärkte Verfolgung der Sozialdemokraten stattfand. Rothenbacher hatte der Kreisleitung der NSDAP auf deren Anfrage mitgeteilt, dass hier in Neuhausen kein Sozialdemokratischer Ortsverein bestehe. Mutig, wenn man bedenkt, dass noch 1932 von den Sozialdemokraten zwei öffentliche Veranstaltungen abgehalten wurden.
Die von der NSDAP propagierte „Auflösung marxistischer und Sozialdemokratischer Vereine und deren Eigentum“ führte nicht nur zur Auflösung des Arbeiterturnvereines und des Arbeiterradfahrervereines „Solidarität“ in Neuhausen, den beiden wohl größten Neuhausener Vereinen. Ihr Eigentum wurde auch noch beschlagnahmt und dann auch noch Interessenten überlassen, die von den neuen Machthabern akzeptiert wurden. Der Traum vom „Tausendjährigen Reich“ endete in einer Trümmerlandschaft. Millionen von Toten sind durch den Wahnsinn Hitlers und dem daraus entstandenen Völkermord zu beklagen, darunter auch 168 Gefallene und Vermisste aus unserer Gemeinde Neuhausen.
Sozialdemokratischer Neubeginn 1945
Am 20. April 1945 um 18:30 Uhr marschierte die französische Armee in Neuhausen ein. Der Kreis Esslingen wurde knapp 12 Wochen später der amerikanischen Besatzungszone zugeteilt.
Nach Einwilligung der Amerikaner wurde es 1945 der deutschen Bevölkerung wieder erlaubt, unter strengen Auflagen demokratische Parteien zu bilden und Kommunalwahlen durchzuführen. Die erste Gemeinderatswahl nach dem Krieg fand am 27. Januar 1946 statt. Die Christlich-Soziale Volkspartei, die SPD und eine Liste „Freier Wähler“, eine den Kommunisten nahestehende Gruppierung, traten zur Wahl an. Die Wahlbeteiligung lag bei sensationellen 92%. Dabei erzielte die SPD mit 24,6% ein respektables Ergebnis. Paul Batzill und Alfons Kärcher wurden die ersten SPD-Gemeinderäte! Paul Batzill gehörte dem Gemeinderat bis 1953 an; Alfons Kärcher sogar bis 1975.
Ohne die Einwilligung der amerikanischen Siegermächte konnte jedoch keiner der Gewählten in den Gemeinderat einziehen. Am 29. März 1946 musste der Gemeinderat einen neuen Bürgermeister wählen, da Bürgermeister Hermle aus beruflichen Gründen das Amt niedergelegt hatte. Aus 35 Bewerbern wählte der Gemeinderat schließlich Alfons Frick. Im Juni 1946 fand die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung für Württemberg statt. Dabei kam die SPD in Neuhausen auf 27,7%. Fünf Monate später bei der Landtagswahl erhielt die SPD in Neuhausen 25,9% der Stimmen.
Am 29. Februar 1948 konnten dann die Neuhäuser ihren Bürgermeister zum ersten Mal direkt wählen. Alfons Frick erhielt dabei 82% der Stimmen.
Heimatvertriebene in Neuhausen
Vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges hatte Neuhausen 3.018 Einwohner. Im Oktober 1945 lebten ca. 200 und im März 1946 bereits 283 Heimatvertriebene in Neuhausen.
Es mussten Auffanglager im „Braunen Haus“ und im Feuerwehrmagazin eingerichtet werden. Die Nebenräume aller Wirtschaften wurden zu Wohnzwecken beschlagnahmt. So wurde zum Beispiel das langjährige SPD-Fraktionsmitglied Viktor Koczor im heutigen „Goldenen Löwen“ geboren.
Am Vormittag des 11. Juni 1946 kamen weitere 217 Heimatvertriebene aus Ungarn und dem Burgenland an. Der durchschnittliche Wohnraum in Neuhausen betrug zu dieser Zeit gerade mal fünf Quadratmeter pro Einwohner. Noch im gleichen Monat bildete der Gemeinderat einen sogenannten „Flüchtlingsausschuss“. Eine ausgesprochen unglückliche Bezeichnung, wenn man bedenkt, dass es sich praktisch ausnahmslos um Heimatvertriebene handelte, die von den neuen Machthabern im Osten gegen Ihren Willen ausgewiesen wurden.
Diesem „Flüchtlingsausschuss“ gelang es, die Heimatvertriebenen nach und nach in Privatquartieren unterzubringen. Doch der Zustrom riss nicht ab und der Gemeinderat beschloss den Kauf einer Baracke. Diese konnte allerdings erst 1947 aufgestellt werden. Die Zahl an Flüchtlingen stieg bis Dezember 1946 auf 804 Personen an.
Die Heimatvertriebenen verschärften die schwierige Ernährungs- und Versorgungslage. Im Sommer 1947 wurde an der Schule in Neuhausen die von den Amerikanern organisierte Schulspeisung eingeführt. Ende 1948 gab es dann 879 Heimatvertriebene in Neuhausen. Eine weitere Zählung im Jahr 1950 ergab, dass 979 Heimatvertriebene in Neuhausen lebten.
SPD – Kommunalpolitik 1950-1970
Nur wenig ist aus den Zeiten des Wiederaufbaus des SPD-Ortsvereins nach dem 2. Weltkrieg überliefert. Bei der ersten Gemeinderatswahl 1946 trat die SPD mit einer eigenen Liste an. Zur Gemeinderatswahl 1953 gab es keine eigenständige SPD-Liste mehr: Die Genossen kandidierten auf einer Liste der Freien Wähler. Bis 1971 gab es gemeinsame Kandidatenlisten von Freien Wählern und SPD. In manchen Jahren führte die Liste die Bezeichnung „Freie Wähler“, teilweise auch die Bezeichnung „SPD und Freie Wähler“.
Mit Beginn der 70er Jahre und einem sozial-liberalen Kabinett unter Willy Brandt auf Bundesebene herrschte auch auf kommunaler Ebene eine neue sozialdemokratische Aufbruchstimmung.
SPD – Ortsvereinspolitik 1970-1984
Ab 1973 engagierte sich der SPD-Ortsverein verstärkt auch kommunal-politisch. Es begann eine bis heute andauernde Phase konstruktiver Arbeit für die Menschen in Neuhausen. Es begann eine bis heute andauernde Phase konstruktiver Arbeit für die Menschen in Neuhausen:
Im Zuge dieser politischen Erneuerung wurde die bis dahin bestehende gemeinsame Fraktion von SPD und Freien Wählern im Gemeinderat aufgegeben. Zur Gemeinderatswahl 1975 entschied sich der SPD-Ortsverein mit einer reinen SPD-Liste anzutreten.
Als Schwerpunkt der Arbeit hatte sich die SPD-Fraktion folgende Ziele gesetzt:
Weitblickende Kommunalpolitik
Für die SPD-Gemeinderatsfraktion war es schon immer wichtig, ein liebens- und lebenswertes Neuhausen zu gestalten, sowie der Vereins- und Kulturarbeit in Neuhausen einen passenden Rahmen zu geben. In den folgenden Jahren wurde die untere Marktstraße neugestaltet. Über Jahre hinweg stand neben der Friedrich-Schiller-Schule die Bauruine des Hallenbades. Im März 1981 wurde im Gemeinderat der Beschluss gefasst, den Hallenbadtorso zu einer Mehrzweckhalle mit Vereinsräumen umzubauen. Damit folgte die Mehrheit der Gemeinderäte endlich einer bereits sechs Jahre alten Forderung der Neuhausener Sozialdemokraten, wie das abgebildete Flugblatt aus dem Jahre 1975 zeigt.
Der SPD-Bürgermeisterkandidat
Bürgermeister Frick hatte 1975 nach fast dreißig Amtsjahren aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt bekannt gegeben.
Erich Bolich erklärte sich zu einer Kandidatur bereit. Somit bewarb sich in Neuhausen erstmals ein Sozialdemokrat um das Amt des Bürgermeisters. Mit 29% der Stimmen unterlag Erich Bolich leider dem Mitbewerber Werner Präg. Nach Ablauf der ersten Amtszeit fanden am 6. November 1983 erneut Bürgermeisterwahlen statt. Unter dem Motto „Aus Liebe zu Neuhausen“ führte Erich Bolich zusammen mit den Neuhausener Sozialdemokraten einen engagierten und sachlichen Wahlkampf. Wie bei der ersten Wahl erreichte Erich Bolich 29%, was angesichts des Amtsbonus von Bürgermeister Werner Präg ein großer Erfolg war.
Das Ortsgespräch
Was soll`s? - So war 1975 der erste Leitartikel des neu geschaffenen Presseorgans „Ortsgespräch“ der Neuhausener Sozialdemokraten überschrieben. Die Neuhausener Sozialdemokraten waren mit der „Ausführlichkeit“ der Gemeindemitteilungen nicht mehr einverstanden. Wichtige Fakten wurden – aus welchen Gründen auch immer – dem Bürger vorenthalten.
Ortsgespräch – eine sozialdemokratische Zeitung für Neuhausen war geboren. So war eine alternative Berichterstattung für Neuhausener Bürger verwirklicht. Finanziert wurde dieses Presseorgan allein von den SPD-Mitgliedern in Neuhausen, die auch die Verteilung übernahmen. Bis September 1991 fanden die Bürger von Neuhausen das Ortsgespräch in loser Folge in ihren Briefkästen.
SPD - Kommunalpolitik nach 1984
Jugendhaus
Die Chronik des Neuhausener Jugendhauses liest sich über weite Strecken wie eine Mischung aus gezielter Verweigerung und mit Scheinargumenten begleitete Verzögerungstaktik durch die Mehrheit des Gemeinderats. Seit 1977 forderte die SPD Neuhausen ein Jugendhaus mit einem hauptamtlichen Leiter und unterstützte in den folgenden Jahren die damals neugegründete „Jugendhausinitiative Neuhausen“. Um ein tragfähiges Konzept zu entwickeln, veranstaltete die SPD Neuhausen 1980 ein Hearing zum Thema „Offene Jugendarbeit und Jugendhaus“.
Zwei Jahre später wurden 1.512 Unterschriften gesammelt für ein Bürgerbegehren zugunsten eines Jugendhauses in den Kellerräumen der Egelseehalle. Dies konnte der Gemeinderat durch die Bereitstellung der alten „Rot-Kreuz-Baracke“ im Ochsengarten gerade noch abbiegen. 1985 wurde dort das Jugendhaus unter ehrenamtlicher Leitung eröffnet. Von Anfang an forderte die SPD-Gemeinderatsfraktion nachdrücklich einen hauptamtlichen Betreuer, um den Betrieb langfristig zu sichern.
Wie schmerzlich die Jugend von Neuhausen ein Jugendhaus vermisste, zeigte sich an der unerwartet hohen Zahl an Jugendlichen, die dem Aufruf der Gemeindeverwaltung zu einer Anhörung in der Egelseehalle am 9. März 1989 folgten. Am 19. September 1989 hat der Gemeinderat dann gegen die Stimmen der CDU-Fraktion beschlossen, ein Jugendhaus zusammen mit einer weiteren Sporthalle zu errichten. Endlich war es soweit: Das Jugendhaus entstand in den Jahren 1992 bis 1994 als architektonischer Blickfang am südlichen Ortseingang von Neuhausen.
Quartier für Generationen
Bis 1977 gab es noch das „Spitäle“ in der Schlossstraße, das eine vorbildliche Einrichtung als Alten- und Pflegeheim für betagte Bürger von Neuhausen war. Zurückgehend auf eine Initiative der SPD-Gemeinderatsfraktion aus dem Jahre 1986 wurde ein Arbeitskreis „Altenhilfe“ gegründet. In diesem Arbeitskreis bemühten sich die beiden Kirchengemeinden, der Gemeinderat, die Gemeindeverwaltung und die Neuhausener Ärzteschaft um ein auf Neuhausen zugeschnittenes Konzept im Bereich der Altenhilfe. Als Ergebnis dieser Initiative wurde in den Jahren 1993 bis 1997 der heutige Ostertagshof errichtet.
Trotz hervorragender Arbeit der Sozialstation, der Nachbarschaftshilfe, Essen auf Rädern, dem Angebot der beiden Kirchengemeinden und einigen Vereinen, besteht für die älteren Mitbürger in unserer Gemeinde ein Defizit. Mit dem „Quartier für Generationen“ wird ein weiterer Schritt zur integrativen Betreuung für ältere Mitbürger getan. Dieses „Quartier für Generationen“ soll zwischen Karl-, Kirch- und Klosterstraße entstehen.
75 Jahre SPD Ortsverein Neuhausen
Das 75-jährige Jubiläum feierten die Neuhausener Sozialdemokraten am 15. September 1984 im Saalbau, ihrem Gründungsort. Musikalisch umrahmt wurde der Abend vom Musik¬verein Neuhausen und der Esslinger SPD-Songgruppe „trotz alledem“.
Mit ihnen feierten der damalige Bürgermeister Werner Präg (CDU) und Vertreter aller Gemeinderatsfraktionen. „Dies ist durchaus nicht selbstverständlich“, wie der Hauptredner des Abends, Ulrich Lang (SPD-Landesvorsitzender von 1981 bis 1987) betonte.
Dass die SPD-Mitglieder nicht nur Politik machen können, zeigte ein selbst geschriebenes Theaterstück, das an diesem Abend aufgeführt wurde. Der Ortsvereinsvorsitzende Jürgen Ruckh und der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus-Dieter Sanne zeigten dabei ebenso schauspielerisches Talent wie die Gemeinderäte Siegfried Müller und Ursula Rothmund. Den Abschluss des Abends bildete ein Auftritt der Münchner Kabarettgruppe „Die fünfte Kolonne“. Im selben Jahr kam auch der damalige Vorsitzende der Bundestagsfraktion Hans-Jochen Vogel zu einer Kreisdelegiertenkonferenz nach Neuhausen in die Egelseehalle.
Die SPD-Kegelgruppe
In den Jahren ab 1980 waren im SPD-Ortsverein viele aktive Mitglieder zu finden. Ein eigenes Festkomitee organisierte die alljährliche Weihnachtsfeier und das Sommerfest. Eine andere Gruppe stellte Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung auf die Beine. Und am 17. November 1983 trafen sich zum ersten Mal 20 Personen in den Kellerräumen der Stadion-Gaststätte zum Kegeln.
Die Gruppe nannte sich scherzhaft „Die Roten Socken“ und nahm einige Male, durchaus erfolgreich, am Kegelturnier der örtlichen Freizeitgruppen teil. Als in Neuhausen die Kegelbahnen renoviert wurden, kegelten die „Roten Socken“ in Wolfschlugen weiter. Durch Wegzug wurde die Gruppe leider immer kleiner. So fand am 8. Mai 2004 das letzte SPD-Kegeln im Stadion statt.
Verdienstkreuz der Bundesrepublik für Erich Bolich
Am 26. Mai 2008 wurde dem SPD-Fraktionsvorsitzende Erich Bolich das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland offiziell überreicht. Dabei erhielt er diese hohe Ehrung nicht nur für seine über 30-jährige Mitarbeit im Gemeinderat. Erich Bolich war auch 10 Jahre Mitglied im Kreistag, ist Ehrenvorsitzender des Fußballvereins Neuhausen und Mitglied in vielen weiteren Vereinen.
Die seit 1988 bestehende Partnerschaft zwischen Neuhausen und der französischen Gemeinde Perronas geht maßgeblich auf ihn zurück. Von 1996 bis 2012 war er Vorsitzender des Partnerschaftskomitees.